Der Martinimarkt in Girlan | Eppan

Jedes Jahr am 11. November steht Girlan Kopf - und das seit nunmehr fast 200 Jahren. Der Grund dafür ist der allseits bekannte Martinimarkt. Woher dieser Brauch kommt und wie er sich über die Jahre verändert hat.
 

Um fünf Uhr morgens, wenn es noch dunkel ist, werden im Zentrum von Girlan Marktstände aufgebaut. Im ganzen Dorf wird gewerkelt und hergerichtet. Es riecht nach frischen Süßigkeiten und auch noch etwas nach abgestandenem Kerzenrauch vom vorangegangenen Tag, an dem der Laternenumzug durch die Girlaner Gassen gezogen ist. Mit jedem Licht wurde dabei an den Heiligen Martin erinnert, den Kirchenpatron von Girlan. Er, der seinen Ursprung in Ungarn hat, wo er 316 geboren ist, hat als junger Mann der römischen Armee in Gallien gedient. Die Legende, die sich um ihn rankt, schreibt Martinus bereits im Alter von 18 Jahren. Dann nämlich hat er mit einem Schwerthieb seinen Mantel geteilt und die eine Hälfte einem armen Bettler vor den Toren Tours in Frankreich geschenkt. Nach dieser großzügigen Geste erschien Martinus kein geringerer als Christus selbst, woraufhin der junge Krieger sich zum Austritt aus dem Heer entschloss. Er ließ sich taufen, wurde zum Exorzisten und Lektor und schließlich zum Bischof von Tours.

Ein Markt, der Generationen überdauert

Es ist also der 11. November und im kleinen Dorf auf der Sonnenseite der Weinstraße steht der alljährliche Martinimarkt an. Ein buntes Treiben, bei dem Leute von nah und fern nach Girlan pilgern, um zwischen den Marktständen durch die Gassen zu flanieren und die eine oder andere Köstlichkeit zu probieren.
Blickt man einige Jahrhunderte zurück, sahen die Vorbereitungen dazu jedoch noch etwas anders aus. Einen Umzug im Gedenken an den Heiligen Martin gab es schon damals. Doch bevor zu jener Zeit Krämer, die vor allem aus der italienischen Gegend rund um Trient und vom nahegelegenen Nonsberg kamen, im Dorf einmarschierten, um ihre Stände aufzubauen, wurde erstmal das Vieh in das Überetscher Weindorf getrieben. ”Damals war der Markt bekannt für den Verkauf von Schafen, Kühen, Rindern oder Ziegen. Auch Mulis gab es zur Genüge“, erinnert sich Monika, eine Dorfbewohnerin. Bauern aus dem ganzen Überetsch und dem nahen Bozen buhlten damals auf dem Martinimarkt um das Vieh, das von seinen Käufern danach bis zur Schlachtung aufgefüttert wurde. Deshalb trägt der Martinimarkt damals wie heute auch den Übernamen ”Das Jüngste Gericht“.

 
 
 

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Damals, als die Schule noch den ganzen Tag andauerte, sei Monika mit ihren Freundinnen nach der letzten Stunde um vier Uhr nachmittags noch schnell durch düstere Wiesenwege von Frangart ins nahe Girlan hoch gelaufen. ”Da waren die Händler schon wieder beim Abpacken. Alles was wir mit unserem wenigen Geld noch kriegen konnten, war ein Mandorlato“, erinnert sie sich weiter. Die italienische Spezialität, die vor allem in der Zone um Verona typisch ist, gleicht dem türkischen Honig. Mit den italienischen Markthändlern kam diese schließlich bis nach Girlan, wo sie bis heute als charakteristische Süßigkeit des Martinimarktes gilt. ”Einen Mandorlato auf dem Martinimarkt zu kaufen, ist heute wie damals Pflicht“, meint Monika weiter. Den Martinimarkt gäbe es schon seit lange vor ihrer Zeit.
Um genau zu sein findet man den ”Girlinger Kirchtag“ in den Urkunden bereits im Jahre 1543. Vom Martinimarkt ist erst einige Jahrhunderte später die Rede. Am 11. November 1838 soll er erstmals mit der Kirchweihe in Girlan verknüpft worden sein. Seitdem fallen jedes Jahr zu diesem Datum verschiedenste Anlässe zum Feiern zusammen. Neben dem Kirchtag zur Feier des Patrons, schloss früher am 11. November außerdem das Jahr in der Kirche mit der Abraitung (Abrechnung) des Kirchprobstes über seine Einnahmen und Ausgaben. Ebenso galt dieser Tag als Abschluss des bäuerlichen Wirtschaftsjahres. Das Abrechnungsjahr der Bauern schließt bis heute mit dieser besagten Martinirate. ”Diese haben die Bauern damals bereits auf dem Martinimarkt wieder verpulvert und sind am Ende mit leeren Händen nach Hause gekommen“, lacht Monika.

Damals wie heute gilt der Tag vom Martinimarkt als Girlaner Nationalfeiertag. Am 11. November wird gefeiert, egal auf welchen Wochentag dieser fällt. Nur wenn es den heiligen Sonntag trifft, wird der Markt auf den Tag davor oder danach verlegt. In früheren Zeiten hat sich die ganze Familie am 11. November versammelt und groß aufgekocht. Hauswürste, Knödel und Kraut für alle gab es dann und neben dem Heiligen Martinus wurde damit auch noch das Ende der Erntezeit begossen. Heute haben alle Kinder in Girlan schulfrei am 11. November und so gut wie jeder ist an diesem Tag im Dorf anzutreffen. Hauswürste werden wohl nur noch in wenigen Haushalten aufgetischt werden, doch ausgiebig gefeiert wird immer noch. Nicht nur der Martinskeller sperrt an diesem Tag seine Tore auf. Im ganzen Dorf wird nach dem Markt auf den verschiedensten ”After Martinimarkt Partys“ noch bis tief in die Nacht hinein getanzt und bestimmt auch heute noch die eine oder andere Rate dabei verpulvert.

 
 
Veröffentlicht am 29.09.2017
 
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