Herr Messner, Ihr Museum auf Schloss Sigmundskron liegt unmittelbar an der Gemeindegrenze zwischen Eppan und Bozen. Welchen Bezug haben Sie zu Eppan?
Reinhold Messner: "Ich war vor rund fünfzig Jahren Mittelschullehrer in Eppan, habe dort gewohnt und kletterte viel. Auch weitere Brüder von mir haben in Eppan unterrichtet. Damals habe ich an den Schlossmauern von Sigmundskron trainiert. Als viele Jahre später die Idee zum Museum spruchreif wurde, hat Eppan eine neue Beziehung zu diesen Mauern finden müssen."
Es gab eine Medienkampagne gegen Sie und das Projekt.
Es gab eine Medienkampagne gegen Sie und das Projekt.
Reinhold Messner: "Stimmt, aber als ein politisch denkender Mensch lässt man sich nicht von den Medien ins Bockshorn jagen. Um das Schloss hatte sich kaum jemand gekümmert und so habe ich meine Idee bei der Südtiroler Landesregierung deponiert. Zum Glück glaubte der damalige Landeshauptmann Durnwalder an die Idee eines Bergmuseums."
Was macht dieses Museum so besonders?
Reinhold Messner: "Wir sind ein Bewegungsraum zum Thema Berg, wo Geschichten erzählt werden – das unterscheidet uns von anderen Museen. Wir sind kein Kunst- oder Naturmuseum. Ich wollte dem Berg als kultureller Erscheinung eine Bühne geben, das war mir wichtig. Einen wesentlichen Anteil am Gelingen hat der Architekt Werner Tscholl. Die neuen Akzente, die er im Einklang mit der alten Burg gesetzt hat, sind sehr gelungen. Heute ist das Messner Mountain Museum (MMM) ein Erfolgsprojekt,eine Attraktion für Einheimische und Touristen."
Wie verbringt Reinhold Messner seinen Urlaub?
Reinhold Messner: "Mein Leben ist ein einziger Urlaub. Ob ich hier im Museum gestalte, auf einen Berg steige oder in die Antarktis fahre – solange ich morgens beim Aufstehen selbst entscheiden kann, ob ich heute schreibe, morgen auf die Alm gehe und übermorgen auf Schloss Sigmundskron im Rahmen des Projektes „Gespräche am Feuer“ Geschichten erzähle, solange empfinde ich das als Urlaub."
Und Sie, Frau Messner? Machen Sie Cluburlaub?
Magdalena Messner: "Ein Cluburlaub wäre eine Strafe und keine Erholung. Ich bin in dieser Hinsicht sehr stark von meinen Eltern geprägt worden. Als kleines Kind konnte ich bereits unheimlich tolle und ungewöhnliche Reisen in die verschiedensten entlegensten Winkel der Welt mitmachen. Das mache ich heute immer noch."
Sie sind seit zwei Jahren im Museums-Team ihres Vaters – eine freie Entscheidung?
Magdalena Messner: "Es war meine freie Entscheidung, ohne irgendeinen Druck. Ich bin beim Projekt „Corones“,dem letzten Museumsprojekt meines Vaters dazugekommen und konnte ihm dabei über die Schulter schauen. In Sigmundskron habe ich nun mein Büro. Nachdem das ganze Museum auf sechs Orte in Südtirol aufgeteilt ist, bin ich allerdings auch viel unterwegs, aber das macht mir Spaß. Zudem habe ich das grafische Erscheinungsbild des Gesamtprojektes neu gestaltet. Mir ist wichtig, dass sich mein Vater weiterhin einbringt, solange er noch so viel Energie hat. Es ist nach wie vor sein Projekt."
Sie haben Ihren Vater bereits in einem Buch festgehalten …
Magdalena Messner: "Das Buch zeigt die Aspekte meines Vaters, die die Öffentlichkeit nicht kennt und über die er selbst nicht viel spricht. Es geht um die Selbstversorgung im bäuerlich-wirtschaftlichen Sinn, aber auch im museal-wirtschaftlichen Sinn, weil wir ja mit den Museen auch als Selbstversorger überleben müssen. Ich habe für dieses Buchprojekt viele Menschen zu meinem Vater befragt und für mich selbst erkannt, wie gut es ist, wenn man sich für persönliche Gespräche Zeit nimmt."
Herr Messner, Sie haben in Eppan an ihrem ersten Buch geschrieben.
Reinhold Messner: "Das stimmt. An meinem ersten Buch „Zurück in die Berge“ habe ich immer wieder abends während meiner Lehrerzeit in Eppan gearbeitet. Das Buch ist dann in einem Südtiroler Medienhaus erschienen, welches sich später in vielen Dingen – unter anderem zu diesem Museum – gegen mich gestellt hat. Ich war einst Liebkind dieses Medienhauses und damals sein erfolgreichster Autor. Als ich dann später auf einer Veranstaltung sagte, dass ich nicht für Südtirol auf den Everest gestiegen bin, sondern für mich und dass mein Taschentuch meine Fahne ist, da kam es zum Bruch. Ich wurde von einem Tag auf den anderen zum Heimatverräter und Nestbeschmutzer."
Dabei würden Sie sich selbst als Anarchist bezeichnen…
Dabei würden Sie sich selbst als Anarchist bezeichnen…
Reinhold Messner: "Wenn ich in die Eigernordwand einsteige, vielleicht sogar solo, bin ich reiner Anarchist, ich entscheide allein – niemand kann mir irgendetwas verbieten und mir etwas vorschreiben: Ich kann nach links klettern oder hinunterspringen. Ich bin wegen dieser Aussage sehr kritisiert worden. Man muss aber wissen, was Anarchie bedeutet, denn im Griechischen bedeutet es: Keine Macht für niemand. Ich will über andere keine Macht ausüben und ich will nicht, dass jemand über mich Macht ausübt. In der Anarchie ist alles aufeinander abgestimmt und es funktioniert. Ich und meine Tochter leben beispielsweise in einem anarchischen Verhältnis."
Welchen Stellenwert hat der Standort Sigmundskron im Rahmen der MMM?
Welchen Stellenwert hat der Standort Sigmundskron im Rahmen der MMM?
Magdalena Messner: "Sigmundskron ist unsere Verwaltungszentrale und zieht die meisten Besucher an. Es ist auch das größte von allen unseren Museen und es gibt einen guten Überblick über das, was an den anderen Standorten vertieft wird."
Was erwartet die Besucher des Museums in Zukunft?
Was erwartet die Besucher des Museums in Zukunft?
Magdalena Messner: "Es gibt so viele Möglichkeiten, wie man diesen Raum noch nutzen kann. In Zusammenarbeit zwischen meinem Vater und mir entstanden und entstehen immer wieder neue Ideen – etwa die „Gespräche am Feuer“."
Reinhold Messner: "Ja, hier in unserer kleinen Theaterarena machen wir ein Feuer und ich erzähle Geschichten. Das ist die Urform des Erzählens. Der Barde kommt nach Hause, hat etwas erlebt, kann weder lesen noch schreiben, hat keinen Diaprojektor, er macht ein kleines Feuer und erzählt seine Geschichte. Diese einfache Veranstaltungsform ist ein großer Gewinn – auch für Eppan."