Wenn kaltes Bremsgummi auf heiße, alte Fahrradreifen trifft, gibt das ein laut heulendes Quietschen. Genau so eines hat am dritten Samstag im April bereits von weiter Ferne eine Meute an Radlern angekündigt, die in einem ganz besonderen Stil ihre Drahtesel über die sanften Hügel von Eppan getreten haben. Die zweite Ausgabe der EppanBike Panoramica stand nämlich wieder unter dem Motto Nostalgie. Quetschmützen, Sarner Janker, Knickerbocker und ganz viel großmustriges Karo haben sich auf den schmalen Überetscher Sträßchen perfekt mit den alten Bikes ergänzt und so für ein paar Stunden ein Bild aus vergangenen Tagen in die Eppaner Landschaft und seine urigen Dörfer gezeichnet. Doch auch Genuss und Kultur kamen bei dieser speziellen Radtour nicht zu kurz. An fünf verschiedenen Etappenzielen wurden nicht nur ein paar gute Gläschen und köstliche Snacks geboten, sondern auch interessante Einblicke in historische Gemäuer und deren Geschichte.
Etappe für Etappe
Mit dem Heulen der Sirene der Eppaner Dorffeuerwehr pünktlich zur Mittagsstunde ist auch der Startschuss für die zahlreichen Radler der Panoramica gegeben. Die erste Etappe der Entdeckertour vom Dorfplatz in Eppan steil bergauf bis zum Weingut Stroblhof bringt bereits die ersten Vintage-Begeisterten ins Schwitzen. Doch die Belohnung dafür lässt nicht lange auf sich warten. Das erste Ziel punktet gleich mit einer Kellereibesichtigung und einer Weinverkostung. So lässt sich der Anstieg der nächsten Etappe locker bewältigen.
Eingebettet in Weinreben, blühende Wiesen und die Nachbarschlösser Boymont und Hocheppan steht Schloss Korb da und wartet quasi nur darauf, dass die Vintage-Radler einen Hauch von Vergangenheit zurück ins Schloss bringen. Mit ein paar anstrengenden, letzten Tretern schafft es schließlich sogar der letzte in der Fahrradkette bis an den höchsten Punkt der Tour. Wenn sich bis dahin Sonne und Wolken abgewechselt haben, strahlt Schloss Korb bei Ankunft des Radeltrupps in hellstem Sonnenschein und die blühenden Wiesen und Bäume verwöhnen die Radler-Nasen mit süßem Frühlingsduft.
Nach einer kurzen Führung durch den Dellago Stollen, einem Bunker aus Weltkriegszeiten, folgt die Besichtigung des Kellers und schließlich eine weitere Verkostung der hauseigenen Tropfen. Passend zu den Blüten vor dem Schloss gibt es rosaroten Wein mit purpurener Rosenblüte und zur Stärkung der müden Radlermuskeln kleine Häppchen und frisches Obst. Gut gestärkt kann es so weiter gehen zum nächsten Stopp: Schloss Freudenstein.
Während die alten Gemäuer von Freudenstein perfekt zu den Oldie-Outfits passen, beißen sich die modernen, silbernen Golfschläger etwas mit ihnen. Dennoch sagt niemand nein zu einer kurzen Partie Golf auf dem grünen Schlossrasen.
Nachdem einige Bälle über den Golfplatz in Richtung der letzten weißen Berggipfel geflogen sind, darf man das erste Mal auch seine Bremsen zum Einsatz kommen lassen. Der Weg zum nächsten Etappenziel, dem Weingut Lentsch knapp ober St. Pauls führt nämlich ein Stück bergabwärts. Als Kontrast zu den beiden vorhergehenden Schlössern, die Geschichten aus hunderten von Jahren in ihren Gemäuern schreiben, steht das Weingut Lentsch als moderner Bau mitten in der Reblandschaft. Genauso modern ist der hauseigene Keller, in dem jährlich an die 70.000 Flaschen Wein von den eigenen Gütern produziert werden. In so einem Ambiente laden nicht nur die von Olivenbäumen umrahmten Tischchen im Garten ein zu verweilen.
Doch kurz nach 17 Uhr ist es erneut an der Zeit, weiterzuziehen. Die letzte Etappe wird von der Kunsthistorikerin Waltraud Kössler, bereits in einer kurzen Zusammenfassung vor dem Weingut eingeleitet. Sie erzählt, wie vor einigen Jahrhunderten die Römer auf der Paulser Aich verweilten und man deren Wohnstil heute noch in der Römischen Villa, knapp ober St. Pauls, begutachten kann. Nur kurz später flitzen die alten Räder am archäologischen Fleckchen vorbei und eine steile Abfahrt und einige quietschende Bremsgeräusche später, steht der Trupp ein letztes Mal zusammen unter dem 85 Meter hohen Dom auf dem Lande, der Pfarrkirche von St. Pauls, wo eine kurze Einführung in die Baugeschichte und die Besonderheiten folgt.
Never stop swingin'
Um eine Tour zu komplettieren, muss bekanntlich immer dort geendet werden, wo man angefangen hat. So müssen die Besitzer der alten Drahtesel ein letztes Stück leicht bergauf und zurück nach St. Michael bewältigen. Obwohl die eine oder andere Gangschaltung an diesem Punkt den Geist aufgibt, schaffen es am Ende doch alle zur Prämierung des besten Styles der Tour in die Galerie Lounge Wine Bar im Herzen von Eppan. Mit Swing Music, Tanz und dem einen oder anderen Gläschen findet die zweite Eppan Bike Panoramica so ihr Ende. Wie viele Facetten eine nostalgische Radtour haben kann, hat das besondere Rad-Event in diesem Jahr einmal mehr bewiesen und Kultur, Genuss und Mode erneut in einem Vintage-Tag der Extraklasse vereint.